Auch wenn der Wechsel von Siezen zum Duzen für Leader keine Rolle spielt, birgt das Du-Wort für beide Seiten mögliche Fallen. Nämlich dann, wenn man das Gefühl für Grenzen verliert und diese vielleicht unbewusst überschreitet. Wie kann ein Kontakt auf Augenhöhe funktionieren, ohne dass er einen negativen Einfluss auf die Zusammenarbeit hat – etwa auf Autorität, Respekt und den Unterschied an Verantwortung? Wie nahe sollen Leader an ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eigentlich dran sein?

Jeder von uns hat seine persönlichen Werte. Sie sind etwas Unumstößliches, das jedem gegenüber entweder gelebt wird oder nicht gelebt wird – vollkommen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, psychischer Beeinträchtigung, sexueller Orientierung und physischer Gesundheit. Es ist also gut, sich bewusst vor Augen zu führen, dass man bei einer festen Grundhaltung keine Unterschiede machen kann, wem gegenüber man sie zeigt und wem gegenüber nicht. Tut man es doch, führt man damit seine Grundhaltung und die eigene Führungspersönlichkeit automatisch ad absurdum. Denn wer Menschen im Team unterschiedlich behandelt, wird sofort unberechenbar, unfair und intransparent.

Müssten wir die Statue eines Leaders entwerfen, wir kämen wohl alle zu einem ähnlichen Bild: ein mutiges, charismatisches Gesicht, der Blick unerschrocken zum Horizont, dynamisch voranschreitend, Siegermentalität. Kurz: Jemand, den man respektiert und auch gern folgt. Doch hinter dem von vielen bewunderten Charisma und der beeindruckenden Standfestigkeit steckt harte Arbeit. Genauer gesagt: Arbeit an sich selbst. Das entschlossene Auftreten vieler Führungspersönlichkeiten beruht auf der simplen Tatsache, dass sie sich ihrem Selbst zu irgendeinem Zeitpunkt in ihrem Leben erfolgreich und allumfassend gestellt haben. Sie waren ehrlich zu sich selbst und werden darum von anderen als glaubwürdig wahrgenommen. Doch kaum etwas ist härter, schonungsloser und oft auch schmerzhafter als die Wahrheit.