Weltfrauentag: „Nennen wir ihn doch künftig den Tag der Gender Balance!“
Wie jedes Jahr um diese Zeit stehen große Aktionstage für uns Frauen an. Und das ist im Jahr 2020 wahrlich kein Grund zur Freude. Heute, am 25. Februar „feiern“ wir etwa den Equal Pay Day – bis heute haben Frauen im Vergleich zu Ihren männlichen Kollegen nämlich gratis gearbeitet. Kein Scherz, auch wenn heute Faschingsdienstag ist. Und schon nächste Woche, am 8. März begehen wir den Weltfrauentag. Verstehen Sie mich nicht falsch. Auch wenn ich diese Aktionstage für sehr wichtig halte, ich wünsche mir, dass wir sie schon bald nicht mehr brauchen.
Frauen wollen Spaß im Job, wollen sich beruflich weiterentwickeln und Anerkennung für geleistete Arbeit von Vorgesetzten, Kollegen und Kolleginnen. Und natürlich wollen sie dafür ein ansprechendes Gehalt. Ein hoher Anteil dieser Frauen wäre bereit, für das Unternehmen alles zu machen. Ein noch höherer Anteil würde auch bereitwillig ins Ausland gehen.
Ja, Sie lesen richtig! Im Jahr 2020 wünschen sich all das die zukünftigen High Potenzials zwischen 20 und 29 Jahren. Hier handelt es sich um kein prognostiziertes Zukunftsbild, sondern um das tatsächliche Ergebnis unserer Studie von 2018. Noch immer wollen Unternehmen nicht ganz glauben, dass reale Arbeitnehmerinnen diese Wünsche hegen. Dabei sind die Zeichen der Zeit nicht mehr zu übersehen: Frauen sind es leid, einem sinnlosen Karrierismus zu folgen. Sie wollen etwas bewirken und mitgestalten!
Und ich darf Ihnen noch etwas verraten: Das sind genau jene Arbeitnehmerinnen, die nach Unternehmen Ausschau halten, die in der Lage sind, Ihnen diese Perspektiven geben – auch und vor allem in der Technik! Diese Rückmeldung haben uns Frauen in den MINT-Gruppen unmissverständlich gegeben.
Der Weltfrauentag soll ja Unternehmen aufzeigen, welche Defizite sie diesbezüglich haben und was sie anders machen können. Wer mich kennt, weiß, dass ich diesbezüglich eine Lieblingsempfehlung habe: „Arbeiten Sie an Ihrer Führungs- und Unternehmenskultur!“
Wie schaut eigentlich die Führungskraft der Zukunft aus? Welche Eigenschaften benötigen Führungskräfte, damit sie Teams erfolgreich führen können? Welche Energie muss geschaffen werden, damit Frauen und Diversität Raum und Platz im Unternehmen haben?
Führungskräfte sind dafür verantwortlich, dass sich jedes Teammitglied optimal weiterentwickeln kann. Daher ist es wichtig, in der Führung auch als Coach zu agieren und MitarbeiterInnen dazu zu bringen, dass sie Dinge selbst lösen. Eine gute Führungskraft schaut anderen nicht auf die Finger, sondern bestärkt andere in ihrem Entscheiden und Tun. Sie vermittelt die Wichtigkeit eines guten Miteinander, von Wohlbefinden und Stabilität. Geht es dem einzelnen nicht gut, geht es dem Team nicht gut. Es ist daher wichtig, eine gute Atmosphäre zu schaffen, die aber auch Produktivität und Ergebnisorientierung nicht außer Acht lässt. Es geht nicht darum, dass sich alle furchtbar lieb haben, sondern darum, dass möglichst jeder und jede selbstverantwortlich und eigenständig arbeiten kann.
Der wichtigste (und immer noch grob unterschätze) Punkt dabei ist gute Kommunikation. Eine der wichtigsten Aufgaben von Führungskräften ist es, gute Leute ins Boot zu holen und sie im Boot zu halten. Zu guter Kommunikation gehört natürlich auch gutes und aktives Zuhören – also das Gegenüber ganz und gar wahrzunehmen und nicht ständig zu unterbrechen.
Gute Führungskräfte haben eine klare Vision und Strategie für das Team, die auf der Gesamtstrategie des Unternehmens basiert. Gemeinsame Stärke basiert auf gemeinsamen Zielen. Dies wird durch eine Reihe von Rahmenbedingungen für Führungskräfte getragen, die die Fähigkeit vermitteln, dem Team zu helfen: Entscheidungskraft, Ausbildung und Ressourcenmanagement.
Führung bedeutet aber auch, mit anderen Teams zusammenarbeiten zu können – also gut im Unternehmen vernetzt zu sein, damit man für das große Ganze miteinander arbeiten kann. Und: Führungskräfte agieren nicht impulsiv, sondern wägen Entscheidungen sorgfältig ab und treffen sie dann auch.
Das sind die wesentlichen Erkenntnisse – sowohl aus unserer Studie als auch der aktuellen Langzeitstudie von Google: Frauen wollen eindeutig einen weiblichen Führungsstil und wollen dabei sich selbst und ihre Art zu führen im Unternehmen erkennen.
Gibt es einen rein weiblichen Führungsstil? Ja und Nein. Wir kombinieren durch unsere Sozialisierung verschiedene Aspekte. Grundsätzlich ticken Frauen aber anders als Männer – was automatisch zu einem anderen Führungsstil führt. Frauen geht es nicht um die eigene Macht, sondern um das Gemeinsame. Genau hier ist derzeit noch ein gravierender Unterschied in der Führung von Unternehmen zu beobachten. Macht ist auch Frauen nicht grundsätzlich egal – sie ist nur nicht so wichtig. Dadurch ergeben sich völlig andere Prioritäten bei Entscheidungen und beim Umgang mit Menschen.
Wie kann der Weltfrauentag die Kultur in Unternehmen verändern?
Zunächst einmal: Werden Sie sich Ihrer Defizite bewusst! Jede/r VertriebsleiterIn weiß genau, wo die Schwächen im Team liegen. Die Gesamtorganisation schaut oft nicht auf die Schwächen in der Unternehmenskultur, sondern in erster Linie auf Hard Facts. Dabei sind es die Soft Facts, die für die jüngere Generation immer wichtiger werden – egal, ob bei Männern oder Frauen. Junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen sich eine Unternehmenskultur, die das ermöglicht, was ihnen wichtig erscheint.
Der Weltfrauentag ist daher ein Tag der Akzeptanz, des Miteinanders und des voneinander Lernens. Erst wenn es ein breites Verständnis dafür gibt, dass Frauen und Männer gleichermaßen wichtig für wirtschaftlichen Erfolg sind, werde ich mich jedes Jahr aus vollem Herzen auf den „Gender Balance-Tag“ freuen können.
Nachweise:
„Die weiblichen Führungskräfte von morgen“, Studie 2018 BEEKHUIS Performance Culture
10-jährige Google-Studie „Was macht eine perfekte Führungskraft aus?“
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