Die Magie der aktiven Klarheit – Führung ohne Kommunikation bleibt ungehört

Das österreichische Sprichwort „Durchs Reden kommen ’d Leut z’am“ bringt das Thema Kommunikation auf den Punkt: Reden schafft ein Miteinander. Und auch Führung von Menschen braucht gute Kommunikation – gibt es etwas Offensichtlicheres? Dass das aber nicht immer einfach ist, sehen wir auch in der aktuellen politischen Situation. Ankündigungen hier, Pressekonferenzen dort, divergierende Expertenmeinungen, etc. und das Ergebnis sind Verunsicherung und Unverständnis bei der Bevölkerung.

Wenn also schon die Politprofis ihre Schwierigkeiten damit haben, warum soll es dann bei Führungskräften anders sein? Wen wundert es, dass es sogar Führungskräfte gibt, die von Kommunikation so wenig halten, dass sie glauben, gänzlich ohne sie auszukommen. Natürlich wird geredet – sehr viel über Projekte, Positionen und Personen – aber Kommunikation umfasst weit mehr als das.

Was ist gute Kommunikation?

In unserer digitalen Welt wird der Begriff „Kommunikation“ für die verschiedensten Dinge missbraucht und verbogen. Oft ist er zu einem technischen Terminus verkommen, der auf Funktion ausgelegt ist – etwa, wenn zwei Software-Schnittstellen miteinander „kommunizieren“. Die Kommunikation, auf die es beim Führen ankommt, ist jedoch zutiefst menschlich und reicht weit über die reine Funktionalität hinaus. Kommunikation bedeutet auf der einen Seite, einem Gegenüber wirklich zuzuhören, es wahrzunehmen und gleichzeitig so zu lassen, wie es ist – also in einen respektvollen Austausch zu treten. Gleichzeitig kann Kommunikation aber auch das genaue Gegenteil sein: Kampf, stures Recht-haben-Wollen und Machtgeplänkel.

Auch wenn Leader Letzteres klarerweise nicht praktizieren, müssen sie auch darauf vorbereitet sein und mit Menschen umgehen können, die anstatt eines Austauschs nur mit dem Kopf durch die Wand wollen – und das mit jedem erdenklichen Mittel. Unabhängig von der Art und Weise, wie sie praktiziert wird, soll Kommunikation Klarheit schaffen und in Projekten Hilfestellung und Lösungsorientierung bieten. Kurzum: Kommunikation ist einer der wichtigsten „menschlichen“ Erfolgsfaktoren für Leader.

Worauf kommt es bei guter Kommunikation im Detail an? Wie schafft man es, dass man nicht nur gut zuhört, sondern dass auch beim Gegenüber mehr ankommt, ohne dass dieses in einem Gespräch irgendwann auf Durchzug schaltet? Versuchen Sie, die im Folgenden beschriebenen Schlüsselfaktoren zu beherzigen. Sie werden sehen: Kommunikation ist keine Einbahnstraße und deshalb manchmal auch ein hochkomplexes Terrain.

Schlüsselfaktor 1: Zeit nehmen und ausreichend vorbereiten
Räumen Sie für wichtige Gespräche stets genügend Zeit ein – auch für deren Vorbereitung. Denken Sie vorher darüber nach, was Sie in diesem Meeting tatsächlich erreichen oder klären wollen. Wählen Sie einen geeigneten Raum und vermeiden Sie das typische „Zwischen Tür und Angel“. Bewusste Kommunikation muss aber nicht ewig dauern. In 15 Minuten fokussiertem Gespräch kann man eine Menge klären.

Schlüsselfaktor 2: Respekt zeigen und positiv agieren
Begegnen Sie Ihrem Gegenüber mit Empathie und nehmen Sie ihn oder sie ernst. Nichts ist in diesem Moment wichtiger als Ihre Haltung. Sie müssen die Person nicht mögen, um ein konstruktives Gespräch zu führen. Bleiben Sie offen und reagieren Sie flexibel. Ein kleiner Tipp: Rufen Sie sich bei Personen, die Sie nicht mögen, vor dem Gespräch etwas in Erinnerung, das Sie am Charakter des bzw. der Betroffenen aufrichtig schätzen. Das hilft Ihnen, ungekünstelt und glaubwürdig in eine positive Stimmung zu kommen. Respektieren Sie Ihr Gegenüber, wie es ist, und nehmen Sie den anderen ernst. Denn mangelnder Respekt, falsche Schmeichelei oder offen gezeigte Geringschätzung führen früher oder später zu großen Konflikten und/oder Missverständnissen.

Schlüsselfaktor 3: In der Ich-Form sprechen
Haben Sie das schon einmal gehört: „Lieber Kollege, ich finde deine Bedenken wirklich sehr gut, aber wir sind der Meinung, dass . . . „? Was damit eigentlich ausgedrückt wird, ist: „Lieber Kollege, ich kann mich deinen Bedenken nicht anschließen. Meine Meinung dazu ist . . . „. Jedes Mal, wenn das Wort „aber“ eingesetzt wird, wird die davor getroffene Aussage nicht nur entkräftet, sondern komplett vom Tisch gewischt. Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie anderer Meinung sind. Dann sagen Sie das aber auch ohne Umschweife. Setzen Sie auf die Klarheit der Sprache.

Formulieren Sie in der Ich-Form. Schließlich geht es um Ihre Sichtweise. Verstecken Sie sich hinter dem „wir“, verlieren Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sowohl im Dialog als auch in punkto Loyalität und Authentizität. Denn sie werden sich fragen, wer außer Ihnen die Situation noch so erlebt. Außerdem laufen Sie Gefahr, für unglaubwürdig – oder noch schlimmer – für feige gehalten zu werden. Es gilt: Je klarer, ehrlicher und korrekter formuliert, desto aufrichtiger kommt die Botschaft an.

Schlüsselfaktor 4: Aktiv zuhören
Um etwas Gehaltvolles sagen zu können, sollten Sie davor auch gut zuhören können. Neben der bereits erwähnten Wahrnehmung – was spüre, fühle und beobachte ich bei meinem Gegenüber – ist aktives Zuhören eines der wichtigsten Führungstools. Dazu eine kleine Übung: Hören Sie bei Ihrem nächsten Gespräch – egal ob beruflich oder privat – einfach nur zu und merken Sie sich alles, was Ihr Gegenüber sagt. Die Betonung liegt auf „alles“! Vielleicht müssen Sie sich dazu sogar Notizen machen, wenn es um komplexere Themen geht. Nach spätestens zwei Minuten werden Sie merken, dass das ziemlich anstrengend werden kann. Wir sprechen nämlich von aufrichtigem, empathischem Zuhören, von purer, ungeteilter Aufmerksamkeit, die nichts und niemanden außer Ihrem Gegenüber gilt. Das schafft eine Qualität, die nicht nur dem aktuellen Dialog dient, sondern auch Langzeitwirkung hat. Aktives Zuhören hilft dabei, Konflikte zu vermeiden, Vertrauen aufzubauen und die Bindung zu den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin zu vertiefen.

Schlüsselfaktor 5: Fragen stellen
Wahrscheinlich kennen Sie die Phrase „Wer fragt, der führt“. Denn das Wichtigste überhaupt in der Führung ist das Stellen der richtigen Fragen. Wer gut zuhört und gut fragt, kann andere präzise leiten und Herausforderung schnell und klar auf den Punkt bringen. Gute Fragen bringen Tiefe in eine Situation und lösen anspruchsvollere Denkvorgänge aus. All das soll auch dazu führen, dass ihr Gegenüber über den Tellerrand schaut, mehr in Betracht zieht als nur seine unmittelbare Perspektive und womöglich die richtigen Fragen auch an andere weitergibt.

Halten Sie sich idealerweise an offen Fragen und vermeiden Sie geschlossene oder suggestive Fragen. Leider sind aber Letztere im Alltag eher die Regel – vor allem, wenn Menschen nur ihre bereits getroffenen Entscheidungen und Meinungen bestätigt bekommen wollen. Eine richtige Fragestellung ist auch eine Frage des Respekts. Denn damit lässt man auch erkennen, dass man tatsächlich an der Meinung, Erfahrung, Sichtweise und Persönlichkeit des Gegenübers interessiert ist.

Schlüsselfaktor 6: Ziel eines Gespräches im Auge behalten und dranbleiben
Wichtig in der Zusammenarbeit und in der Führung ist auch, was man erreichen will – nicht in einem Jahr, sondern bereits in der nächsten Woche! Gerade im Wandel geht es um kurzfristig erreichbare Veränderungen. Wenn man zu groß denkt, erscheinen Erfolge für Ihr Team vielleicht unerreichbar und werden vielleicht erst gar nicht angegangen. Bleiben Sie aktiv an vereinbarten Zielen dran und fassen Sie nach. Haken Sie auch nach, wenn einige Ihrer Fragen im Gespräch nicht beantwortet werden. Und beenden Sie jedes Gespräch möglichst mit konkreten Vereinbarungen und klar definierten Zielen! So bleiben Sie und Ihr Team in Bewegung und auf Kurs.

Schlüsselfaktor 7: Nicht herumeiern
Denken Sie immer darüber nach, ob das, was sie gerade gesagt haben, wirklich dem Ergebnis oder der Situation dienlich ist. Bringen Sie Dinge klar, deutlich und unmissverständlich mit Humor, Wertschätzung und Höflichkeit auf den Punkt. Jedes verwendete „Könnte“, „Würde“ und „Sollte“ in Ihren Aussagen zeigt Ihnen sofort, dass Sie noch nicht bei der bestmöglichen Klarheit angelangt sind. Oder als Klartext formuliert: Eiern Sie nicht herum, sondern sagen Sie klar, was Sie meinen und was Sie brauchen!

Schlüsselfaktor 8: Sich selbst in eine konstruktive Stimmung bringen
Bei jedem Gespräch oder jeder Art von Kommunikation ist ein entscheidender Faktor, dass Sie selbst aus einer positiven oder zumindest neutralen Stimmung heraus agieren. Wenn Sie gerade aus einem Meeting kommen, in dem Sie sich ärgern mussten, werden Sie das unweigerlich mit in das nächste Gespräch nehmen. Bitten Sie dann vor Ihren nächsten Termin lieber um fünf Minuten Pause, weil das letzte Meeting ein wenig emotional gewesen sei. Atmen Sie durch, gehen Sie auf die Toilette, trinken Sie ein Glas Wasser und nehmen Sie sich fünf Minuten (Aus-)Zeit. Diese Minuten sparen Sie locker wieder ein, weil Sie danach mit voller Aufmerksamkeit und neu geerdet bei der Sache sind.

Schlüsselfaktor 9: Zu dem stehen, was man sagt und tut
Mit der Qualität, mit der man zu seinem Wort und zu seinen Taten steht, steht und fällt auch die eigene Glaubwürdigkeit. Jeder Mensch macht Fehler – dazu zu stehen, erfordert allerdings Mut. Schuldzuweisungen sind fehl am Platz. Suchen Sie lieber nach Lösungen, dann wird es einfacher für alle.

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