Reibungswärme hält wach – warum gegen gesunde Spannungen in Teams nichts einzuwenden ist

Schon klar, nicht alle Führungskräfte treten mit dem Charisma eines Indiana Jones auf und nicht zu allen würden uns Attribute wie »furchtlos« oder »tollkühn« einfallen. Und das muss es auch nicht! Gute Leader müssen nach außen hin keine Helden mimen. Sie müssen vor allem glaubwürdig, authentisch und handlungsstark sein. Trotzdem erfordert gute Führung klarerweise auch Mut, etwa sich Konflikten unmittelbar – oder zumindest zeitgerecht – zu stellen. Tatsächlich aber ist konfliktscheues Verhalten (nicht zu verwechseln mit bedachtem, überlegten Vorgehen) ein weitverbreitetes Problem unter Führungskräften. Die Wahrheit ist aber: Ohne Konflikte geht es nicht!

Wo auch immer Menschen zusammen aktiv sind, gibt es selbst in der harmonischsten Gemeinschaft irgendwann Meinungsverschiedenheiten. Diese müssen rechtzeitig aufgegriffen, ausgetragen und ausgeräumt werden, damit sie nicht zu einem noch größeren Problem werden. Es macht keinen Sinn, darauf zu hoffen, dass sich alle bei allem für immer harmonisch unterstützen werden. Ständige Harmonie ist auch kein Zeichen einer guten Führung. Denn ohne Diskussionen, Argumente, Gegenargumente und Kompromisse entsteht kein dynamisches Umfeld, in dem sich Menschen finden, bewähren und behaupten können. Klar auf den Punkt gebracht: Konflikte sind nichts Schlechtes – solange sie sich nicht unbehandelt zu handfesten Krisen auswachsen.

Es ist also ratsam, Konflikte möglichst früh wahrzunehmen und so rasch wie möglich aufzugreifen. Dazu empfiehlt sich ein genauerer Blick auf die Anfangsstadien von Missverständnissen. Nehmen sich zum Ziel, Dinge, die Ihnen auffallen ohne Umschweife anzusprechen.

Eine solche Intervention beinhaltet zielgerichtete Kommunikation mit der Absicht, die Wahrnehmung im System zu verändern. Sie wollen verstehen, welche Ursachen ein bestimmtes Verhalten hat, um dadurch auch neue Denkweise im Gegenüber anzuregen und danach möglicherweise ein anderes Ergebnis – im Idealfall eine Verhaltensveränderung – zu erzielen.

Wenn Sie etwa verstehen lernen wollen, warum ein Mitarbeiter immer wieder zu spät kommt, machen Sie sich Gedanken, was wohl die Gründe dafür sein könnten. Betrachten Sie ihn dazu in seiner Gesamtheit als Mensch mit Privatleben und nicht nur seinen beruflichen Funktionsaspekt. Wenn man sich bewusst auf eine offene Hypothesenbildung einlässt, bleibt man nicht nur ruhiger und auf Distanz zur persönlichen Betroffenheit, sondern weiß irgendwann auch, welche richtigen Fragen es im Zuge der Intervention zu stellen gilt.

Es geht bei der Intervention nicht darum, eine Person zu kritisieren oder Probleme festzuklopfen, sondern darum Funktionalitäten und Zusammenhänge zu erfassen, um dadurch eine Verbesserung der Situation für möglichst alle zu erreichen. Bleiben Sie deshalb immer lösungsorientiert und dem Gegenüber positiv gestimmt. Nur so erzielen Sie auch die notwendige Wirkung. Artikulieren Sie Ihre Erwartungen klar und neutral, damit Ihr Gegenüber weiß, woran es ist und keine Missverständnisse aufkommen, die aus einem relativ unbedeutenden Problem möglicherweise ein noch viel größeres machen.

Manchmal sind bei Konflikten die Ratschläge unserer Eltern und Großeltern immer noch die besten: Ein Hitzkopf sollte Zeit haben, auszukühlen, bevor ein Gespräch oder eine Lösung möglich ist. Für Leader kommt es nicht in erster Linie auf Geschwindigkeit an, sondern darauf, voranzukommen und Lösungen zu finden – anstatt in alten Problemen festzustecken.

Aber selbst mit dem besten Führungsverhalten wird es in Ihrem Team immer Konflikte geben – auch ungelöste. Und das ist auch in Ordnung so. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Wichtig ist, dass Sie die in Ihrem Team entstehende Reibungswärme regelmäßig ausgleichen und es wie eine gute funktionierende Maschine in einem guten Flow halten.

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