Empathie öffnet Türen – was Einzelne bewegt, bringt alle weiter

Das Wort „Empathie“ ist zumindest im öffentlichen Sprachgebrauch ein Kind des 21. Jahrhunderts. In Bezug auf Führungskräfte hätte man vor 30 Jahren vielleicht gesagt, dass jemand „ein gutes Händchen für Menschen“ hat – auf gut Österreichisch ein „G´spür“. Doch eines hat sich nicht geändert: Unabhängig vom verwendeten Begriff suchen Unternehmen weltweit Menschen mit dem gewissen Etwas und meinen damit Führungskräfte, die anderen vermitteln, dass sie mehr sind als nur ein austauschbares Rädchen im System – nämlich unverwechselbare, unvergleichliche, einzigartige Menschen.

Jahrzehntelang wurde in zahllosen Unternehmensleitbildern gebetsmühlenartig wiederholt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die wichtigsten Ressourcen sind. In der Realität sah das sehr oft anders aus. Heute hat das Bemühen um Fachkräfte in manchen Branchen ein tatsächliches Umdenken notwendig gemacht. Speziell die vielzitierten Generationen Y und Z und die sogenannten „Millennials“ wollen sich in einem Team ernstgenommen, geborgen und geschätzt fühlen. Ohne Führungskraft mit empathischen Fähigkeiten und entsprechender Sensibilität diesen neuen Grundbedürfnissen gegenüber ist das so gut wie unmöglich.

Das wirft Fragen auf wie: „Ist Empathie erlernbar oder ist sie eine angeborene Gabe, die man hat – oder eben nicht? Braucht es Einfühlungsvermögen, um gut führen zu können, oder reicht es aus, einfach „nett“ zu sein? Sind Leader erfolgreicher, wenn er bzw. sie Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen imstande ist?

Empathie ist keine angeborene Superkraft, sondern zu einem großen Teil auch erlerntes bzw. trainiertes Verhalten. Genauer gesagt geht es um Achtsamkeit – also um ein bewusstes Wahrnehmen der Umwelt und von Menschen. Gestik, Mimik, Körpersprache, Stimme und natürlich Aussagen von anderen lassen achtsame Menschen recht exakt erkennen, wie es dem bzw. der anderen geht. Und es geht vor allem um aktives Zuhören. Daraus gewinnen empathische Leader Informationen, die fortan in jedem Dialog mit der betroffenen Mitarbeiterin bzw. mit dem betroffenen Mitarbeiter automatisch miteinfließen und dabei helfen, individuell zugeschnittene Führung zu geben. Das umzusetzen, erfordert ambitionierte Arbeit an sich selbst.

Empathie ist also lern- und trainierbar. Aber es erfordert Zeit und Eigenenergie, um ein guter empathischer Leader zu werden. Dieses kurze Empathietraining verschafft Ihnen Schritt für Schritt die Fähigkeit, in aufwühlenden und schwierigen Situationen Ruhe zu bewahren. Je öfter Sie trainieren, desto schneller finden Sie in Ihre empathische Grundhaltung!

1. Beobachten Sie offen und aufmerksam!
Achten Sie auf Gesichtszüge, Gestik, Mimik und Lautstärke in der Kommunikation und stellen Sie Fragen, die auf Ihren Beobachtungen basieren. Etwa: „Du wirkst so sorglos und frei auf mich. Stimmt das?“ oder „Bist du gestresst?“ So können Sie in einer aktiven Rolle überprüfen, ob Ihre zuvor gemachten Beobachtungen stimmen.

2. Werden Sie sich Ihrer eigenen Gefühle bewusst!
Versuchen Sie in der Beobachtung mit anderen zu erkennen, was jemand anderer auf Sie projiziert. Welche Rolle spielen Sie in einem Konflikt oder in einer Situation? Denn nicht alles, was Ihnen begegnet, hat auch tatsächlich mit Ihnen zu tun. Manchmal sind Sie einfach eine unbeteiligte Projektionsfläche, die gerade notwendig ist. Daher ist es wichtig, auf Abgrenzung zu achten, sich der eigenen Rolle und Funktion bewusst zu sein und dadurch auch nicht zu viel Energie zu investieren.

3. Versetzen Sie sich in die Lage eines anderen!
Denken Sie sich in Ihr Gegenüber und fragen Sie sich, wie Sie an ihrer bzw. seiner Stelle auf gewisse Dinge reagieren würden. Worüber würden Sich freuen, worüber ärgern? Was würden Sie sich von diesem Gespräch erhoffen oder was würden Sie fürchten?

4. Hören Sie bewusst zu!
Ein guter Zuhörer zu sein, ist oft schwieriger als es sich anhört. Wer Verständnis und Mitgefühl zeigen will, muss vorher in der Lage sein, die Situation eines anderen zu verstehen. Gute Zuhörer sind keine passiven Lauscher, wie das so oft fälschlicherweise angenommen wird, sondern geduldige und sensible Erfasser, Nachfrager, Hinterfrager, Rückmelder und Wertschätzer.

5. Stellen Sie Fragen!
Gewöhnen Sie sich an, aktiv Fragen zu stellen, um mehr zu erfahren. Neben den klassischen „W-Fragen“ (Was? Wer? Wo? Wie?) ist dabei wichtig, offene Fragen zu stellen. Zum Beispiel „Was ist eigentlich passiert?

6. Nehmen Sie sich Zeit!
All Ihre Bemühungen tragen nur dann Früchte, wenn Sie sich Zeit nehmen – Zeit für das Reden, Zuhören und generell für Menschen. Schaffen Sie sich eine geeignete Umgebung, die es Ihnen selbst (aber auch den anderen) erlaubt, sich zu öffnen, Vertrauen zu fassen oder zu bestätigen und tatsächlich miteinander zu reden.

7. Verpflichten Sie sich zu regelmäßiger Selbstreflexion!
Empathie kein zeitlich begrenztes Tool, sondern eine Haltung, die nur als regelmäßiger und immerwährender Kreislauf funktioniert. Dies erfordert Disziplin und Konstanz. Am besten Sie schreiben regelmäßig Ihre Erfahrungen auf und besprechen Sie diese mit Menschen, die ebenfalls empathisch agieren können und wollen.

Und vergessen Sie nicht: Empathische Führung bedeutet nicht, alles hinzunehmen, permanentes Verständnis zu haben und andere Menschen durch Gelassenheit, stoische Ruhe und Zen-artige Lebensphilosophie zu besseren Menschen zu machen. Vielmehr geht es darum, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so zu unterstützen, dass diese bestmögliche Arbeit leisten können und auf deren Hochs und Tiefs einzugehen – unausgesprochen oder ausgesprochen.

Mehr zum Thema Führung lesen Sie in meinem neuen Buch „Führungsinstinkte – Warum Führungserfolg auch Bauchsache ist“, das ich zusammen mit Marco Seltenreich geschrieben habe.
Werfen Sie hier einen Blick ins Buch. Hier können Sie es bestellen.