Der Langstreckenlauf der Führung – warum Ausdauerathleten weiter kommen als Sprinter

In 50 Tagen ist Neujahr. Für viele ist jetzt wieder die Zeit im Jahr gekommen, ein Resümee zu ziehen. Das große Zusammenzählen dessen, was heuer umgesetzt werden konnte und was nicht. Wir sind in vielen Belangen auf dieses Denken gedrillt. Wir denken in Quartalen, Jahresabschlüssen, Semestern oder Legislaturperioden. Längerfristig in die Zukunft zu denken, ist auf paradoxe Art und Weise noch immer irgendwie unsexy, weil man Erfolge lieber unmittelbar und persönlich einfährt. Wer weiß schon, ob man in ein paar Jahren noch in der gleichen Position ist wie jetzt oder ob gar jemand anderer die hart erarbeiteten Früchte des Erfolgs genießen wird?

Derartige Kurzfristigkeiten haben auch großen Einfluss auf Führungskräfte. Die Tatsache, dass gute Führung kein kurzfristiges Tool, sondern eine Lebenseinstellung ist, ist heute vielleicht nicht mehr jedem so klar, wie es das sein sollte. Schließlich werden auch Führungsqualitäten an Zahlen, Erfolgen und Zielen gemessen – wenn es sein muss auch unabhängig von Voraussetzungen, Ausgangspositionen, Rahmenbedingungen oder Vernunft.

Doch natürlich ist und bleibt das Führen von Menschen eine langfristige Leidenschaft, die man hat oder eben nicht. Wahre Leader lieben diese Aufgabe und sehen es als Passion an, andere zu führen. Sie sehen die Langstrecke, nicht den 100 Meter Sprint. Aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen in der Regel diesen leidenschaftlichen Ansatz bei Führungskräften und reagieren entsprechend darauf. Führungskräfte ohne Leidenschaft, Ausdauer, Langfristigkeiten und Glaubwürdigkeit, werden hingegen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Dauer nicht für voll genommen.

Es geht bei guter, glaubwürdiger Führung also um Langfristigkeit, Beständigkeit und Durchhaltevermögen. Doch wie wird man vom Sprinter zum Langstreckenläufer? Diese sieben Tipps unterstützen Sie bei Ihrem Vorhaben, langfristig als Führungskraft erfolgreich zu sein.

1. Nehmen Sie sich täglich Zeit für Führung!
So wie Sie sich (Trainings-)Zeit für sportliche Herausforderungen nehmen müssen, brauchen Sie auch einen Plan, um zu erreichen, dass Sie auch als Leader im entscheidenden Moment Ihre Leistung abrufen zu können. Planen Sie eine tägliche „Führungszeit“ ein – bewusste Aufmerksamkeit, die Sie Ihrem Team schenken. Das müssen auch keine Stunden sein. Es geht darum, täglich in Kontakt mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu bleiben. Sind Sie zu weit weg, braucht es nämlich länger, um zu erfahren, was Sache ist.

2. Lernen Sie zu delegieren und abzugeben!
Bestimmt haben Sie viele Expertinnen und Experten in Ihrem Team, die in ihren Bereichen kompetenter, erfahrener, schneller sind als Sie und mit ihrem Können in der gleichen Zeit mehr erreichen. Wenn Sie lernen, Dinge zu delegieren und abzugeben, haben Sie mehr Zeit dafür, Ihre Kernkompetenzen auszuüben und bringen so dem Unternehmen mehr Erfolg. Wenn Sie sich für alles verantwortlich fühlen und überall mitreden wollen, hemmt das Teammitglieder in ihrer eigenen Entfaltung und erschwert zudem die Entwicklung der Organisation – beides Verantwortungsbereiche, für die Sie zuständig sind. Lernen Sie daher, abzugeben!

3. Vertrauen Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern!
Eine Ihrer wichtigsten Aufgaben ist es, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern und zu unterstützen. Ohne Vertrauen ist das unmöglich. Sobald Sie jemandem misstrauen, können Sie nicht an ihn bzw. sie delegieren! Schlechte Führungskräfte neigen dazu, negative Erfahrungen überzubewerten. Dies führt unweigerlich dazu, dass das Vertrauen in andere Menschen abnimmt und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich geringgeschätzt fühlen. Um ein guter Leader zu sein, ist es also von essenzieller Wichtigkeit, das eigene Menschenbild positiv zu gestalten. Was nicht bedeutet, naiv und blauäugig durch die Welt zu gehen. Wichtig ist, alles in der richtigen Relation zu sehen.

4. Gönnen Sie sich kreative Auszeiten!
Selbst der versierteste Dauerläufer braucht Phasen der Erholung. Beim Führen ist das nicht anders. Gönnen Sie sich Auszeiten, in denen Sie den Kopf frei bekommen und etwas für sich tun. Leader erholen sich nicht im Unternehmen, sondern holen sich Inspirationen im Außen. Lassen Sie sich von neuen Sichtweisen inspirieren, zeigen Sie sich offen gegenüber Menschen und scheuen Sie sich nicht neue Inspirations- und Kraftorte aufzusuchen, um dort neue Energie zu sammeln. Nehmen Sie Ihren Kalender zur Hand und tragen Sie sich eine Auszeit ein, gerne zu einer unüblichen Zeit. Gönnen Sie sich das einmal pro Monat. Das ist ideal, um Ihre Kreativität anzuregen.

5. Achten Sie auf ihre Gesundheit!
Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper. Sie müssen kein Spitzensportler sein, aber um als Leader unglaubliche Ergebnisse zu erzielen, ist es notwendig, gesund zu sein und zu bleiben. In der Praxis findet dieser Hinweis allzu oft zu wenig Beachtung. Gerade wenn es eng wird neigen viele Führungskräfte dazu, ihre Gesundheit zu missachten, um vermeintlich „alles für den Job zu geben“. Wer sich aber ständig verausgabt und seinem Körper alles abverlangt, kann in entscheidenden Momenten nicht mehr zulegen, sondern bricht zusammen. Behandeln Sie sich und Ihren Körper daher auch in Stresssituationen gut und zuvorkommend. Oft reicht schon ein täglicher Zehn- Minuten-Spaziergang oder eine 20-minütige Entspannungsübung um kraftvoll und handlungsfähig zu bleiben.

6. Lernen Sie, in kurzen Einheiten viel zu erreichen!
Wenn es Ihnen wie 90 Prozent Ihrer Kolleginnen und Kollegen in leitenden Positionen geht, dann sehen Sie sich jeden Tag einer Vielzahl ununterbrochener Herausforderungen ausgesetzt, die alle Ihre volle Aufmerksamkeit benötigen. Die Lösung: Sie geben den Themen wenig, aber dafür intensive Zeit. Volle Aufmerksamkeit in kurzen Frequenzen erhöht die Effizienz! Denken, handeln und leben Sie also in kurzen Einheiten, in denen Sie sich voll und ganz fokussieren. Nehmen Sie sich für die großen Brocken auf ihrer To-do-Liste immer wieder 20 Minuten pro Tag Zeit! Stück für Stück an einem Thema zu arbeiten, sorgt für Frische, Effizienz und Fortschritt.

7. Bleiben Sie offen und flexibel!
Jeder Mensch hat eine Komfortzone. Wenn Sie kreativ, agil und offen führen wollen, müssen Sie aktiv dazu bereit sein, sich immer wieder in ungewohnter Umgebung auf Entdeckungsreise zu begeben. Innerhalb Ihrer Komfortzone gibt es keine neuen Impulse, Gedanken und Ideen aufzuschnappen. Neue Wege, neue Sichtweisen und neue Erfahrungen machen nicht nur agiler, sondern sensibilisieren für Neues, Frisches, noch nicht Erprobtes. Wertschätzen Sie, dass jüngere, und neue Kolleginnen und Kollegen anders ticken! Hören Sie ihnen aufmerksam zu und lernen Sie daraus!

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